1980 begann alles mit dem Kauf eines KOGA MIYATA Fullpro.
Meine Faszination für den Radsport war geweckt. Zu der Zeit gab
es kaum Literatur die einen Blick in diese Welt der Technik und
Taktik bot. Die
einzige Zeitschrift war das 1977 in der Didi
Thurau Euphorie gegründete RAD MAGAZIN, heute
bekannt als TOUR. Die Rahmen bestanden aus
Chrom-Molybdän Stahl, Shimano brachte die erste DURA-ACE EX auf
den Markt und moderne Nylon-Rennschuhe steckten in
Haken-/Riemen Pedalen.
1984 lernte ich Hans Christian Smolik kennen und in seiner Werkstatt verbrachte ich unzählige Stunden mit Drehen, Schmirgeln und theoretischer Physik. Meine Ausbildung zum Werkzeugmacher verdankte ich aber Franz Pawelczyk aus Haan, der das Prinzip des Speichenschlüssels verbesserte welches heute weltweit als Standard gilt.
1987 wechselte mein Freund Andreas Kappes zu
den Berufsrennfahrern ins legendäre Team von Toshiba-La Vie
Claire. Die neuartigen Carbonrahmen von Look hatten eine
Schwachstelle: die verklebten Rohrverbindungen lösten sich. Und
über Nacht mußte der Rahmen getauscht werden.
So kam es, daß Andreas zwar auf seinem Rad saß, aber die
Sitzposition nicht stimmte. Während der Rennen mußte
nachjustiert werden oder die Muskulatur litt unter der
ungewohnten Stellung. Sein Vater Werner Kappes, selbst
erfolgreicher Berliner Amateursportler in den 60ern, gab mir
die Aufgabe, dieses Problem zu lösen. Und so entwickelte ich
mein erstes biomechanisches Werkzeug und baute es während
meiner Semesterferien in einem Metallbetrieb nach
Feierabend.
Stolz präsentierte ich 1988 meine "Erfindung" auch Paul Köchli,
dem Sportlichen Leiter von Toshiba. Ich wurde in den
Service de Course geschickt, um es den Mechanikern
vorzuführen. Aber man wollte keine ungewohnte Technik, sondern
lieber mit den alten Methoden weiterarbeiten. Christian Smolik
stellte es dann im Sonderheft IV der TOUR 1992 vor, aber die
Resonanz war sehr verhalten. Ab jetzt machte ich die Sache
offiziell und gründete ergocycle..
1990 traf ich Ulrich Schoberer,
den Erfinder der mobilen Leistungsmessung und Gründer von
SRM. Mit Hilfe seines DOS basierten Programmes,
konnte ich erstmals den Verlauf des Drehmoments beim Treten
messen und studieren. Es stellte sich heraus, daß die Leistung
und die Größe des Drehmoments der Beine von der eingenommenen
Sitzposition abhingen, ja sogar von der mentalen Konzentration
beeinflußbar war. Um die Anatomie der Beine dazu in Relation zu
setzen, wurden die Gelenkzentren mit Markern beklebt und
während des Tretens mittels Videokamera gefilmt. Aus den
einzelnen Bildern ließ sich anschließend der Verlauf der Marker
zweidimensional geometrisch aufzeichnen. Korrelierte man die
jeweiligen Kurbelwinkel mit den SRM Daten, so ließ sich jeder
Drehmomentwert einem entsprechendem Gelenkwinkel zuordnen. Dies
ermöglichte theoretische Rückschlüße auf die Kraftentstehung im
Muskel und ihre Übertragung auf die beteiligten Körpersegmente.
Um aber dem Geheimnis der optimalen Sitzposition auf die Spur
zu kommen, entwickelte ich Menschmodelle, die eine Überprüfung
der Meßdaten bestätigen oder widerlegen sollten.
In den 90er Jahren begann
der Aufstieg des Team Telekom um Jan Ullrich. Und SRM in Jülich
wurde zum Zentrum des leistungsgesteuerten Trainings. Es hatte
sich in der Szene herumgesprochen, daß ich in den
Räumlichkeiten von SRM diese Bewegungsanalysen anbot. Und da
sonstwo keine vergleichbare Meßtechnik zugänglich war -
abgesehen von einigen Universitäten - besuchte mich auch Eddy
Merckx mit seinem Sohn Axel. Ich diagnostizierte anhand der
Drehmomentdaten eine erhebliche Beinlängendifferenz bei Axel,
der damals für MAPEI-Quickstep Rennen bestritt.
Eddy wollte nach alter Tradition diese Differenz der Beinlänge
mit speziellen Schuhplatten ausgleichen. Ich allerdings
vergrößerte die Kurbellänge des längeren Beines gemäß dem
Gesetz:
Drehmoment = Kraft x Hebel,
so daß die Drehmomentkurven beider Beine das gleiche Maximum
hatten. So konnte das längere Bein das gleiche
Muskelkraft-Kontraktionslängen Verhältnis vollziehen wie das
kürzere. Und voi là, Axel gewann später eine Etappe im Giro
d`Italia. Ob die Biomechanik dabei geholfen hat ist immer
nur theoretisch erklärbar. Rennen gewinnt man mit dem Kopf..und
guten Beinen.
Neben meinem Studium des Maschinenbaus erwarb ich alle Trainerlizenzen beim Bund Deutscher Radfahrer. Parallel dazu fuhr ich bis 1999 Radrennen. Mein schönster Sieg war bei einem Kriterium in Wuppertal 1995 wo ich vor Wilfried Trott gewann.